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„ABRISS“ GERD SULZENBACHER

BUCHVORSTELLUNG UND GESPRÄCH
09.04.2025, 20:00
Bozen, Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann

„Um etwas Neues anzufangen, fehlte mir das Interesse. Um mit mir etwas anzufangen, die Lust.“ 
 
In nonchalanter Trägheit stromert der Erzähler in Gerd Sulzenbachers „Abriss“ durch Wien. Er zieht über Plätze und schlurft durch Straßen und Bezirke, er versinkt in Selbstgespräche und notiert dann wieder: „Nichts getan, nirgends gewesen, niemand hat mich besucht.“
Haben wir es hier mit einem ostentativen Flaneur zu tun? Oder mit einem verspäteten Bartleby, der die Verweigerung neu erfindet? „I would prefer not to“, sagt die bekannte Figur von Hermann Melville, „Ich möchte lieber nicht“, und nichts anderes scheint Sulzenbachers Held auf seinen Streifzügen durch die Stadt anzutreiben.
In 66 Kapitelchen folgt er dem Diktum der Negation und frönt der Einübung ins Liegen als Lebensentwurf gegen die Zumutungen von Perfektionierung und Selbstoptimierung. Darin könnte vielleicht ein Schutz zu finden sein, sinniert der trübselige Erzähler. Und während er sich aller Emsigkeit des Tuns zum Trotz einem Redefluss hingibt, in dem er gleich anarchisch dahin treibt wie er durch die Stadt streunt, zeichnet er ein zum Abriss freigegebene Wien, „die Stadt des Schnitzels und der Träume“, und das Verschwinden öffentlicher Räume.
Die Prosastücke von Gerd Sulzenbacher sind essayistische Miniaturen, die den Widersinn als Haltung exerzieren. Der Witz, die Ironie und Pedanterie, in der auch die Selbstbeobachtung auf eine absurde Komik hinaus läuft, sind Teil davon. Sie beanspruchen den Freigeist des Nutzlosen und trauern versteckt um die feste Identität von Objekten, die verschwinden. 
 
Das Gespräch mit Gerd Sulzenbacher führt Christine Vescoli (Literatur Lana)
 
Eine gemeinsame Veranstaltung der Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann und Literatur Lana
 
20:00 UHR
 
Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann
A.-Diaz-Str. 8
I-39100 Bozen
www.tessmann.it